Wer könnte besser auf einen kleinen Ausflug in die Geschichte des Schützenvereins Rothenberge begleiten als der ehemalige Gemeindedirektor Johannes Schoo.
Hier sein Bericht anlässlich des 350 jährigen Jubiläums:
Sehr verehrte Damen, sehr geehrte Herren, Vereherte Gäste
Es ist ein guter Brauch, dass anlässlich von Jubiläen und Geburtstagen Rückschau gehalten wird, so soll es beim 350. Geburtstag des Schützenvereins Rothenberge sein.
Martin Außendorf und ich möchten sie mitnehmen auf eine Reise durch das lange Vereinsleben, wir Unternehmen diese in Wort und Bild.
In einem Zeitraffer streifen wir Vergangenheit und Gegenwart gleichermaßen.
Wir beginnen unsere Zeitreise im Jahr 1651.
Der 30jährige Krieg mit seinen schrecklichen Folgen und entbehrungen ist vorbei.
Langsam kehrte bei den Menschen der Lebensmut zurück und es erwachte die Lust, altes Brauchtum und fröhliche Feste, die der Krieg solange verhindert hatte, wieder zu begehen.
So wird es auch in Wettringenund seinen Bauerschaften gewesen sein, sicher auch in Rothenberge.
Fürstbischoff Christoph Bernhard von Galen unterstützte um diese Zeit die Gründung der Schützenvereine, auch wohl deshalb um den Landesschutz sicherzustellen.
So kam es auch zu der Gründung der Männerschützengilde im Dorf im jahr 1650, im Jahr 1651 folgten der Junggesellen Schützenverein im Dorf und der Schützenverein Rothenberge.
Seit der Gründung sind 350 Jahre ins Land gegangen und sicher hat der Schützenverein Rothenberge in dieser langen Zeit viele Höhen und Tiefen erlebt.
Trotzdem der Verein in die Jahre gekommen ist, blieb er jung und ist mit seinen fast 250 Mitgliedern nach wie vor attraktiv.
In den Archiven findet man allerdings bis zum Jahr 1829 recht wenig über das Vereinsleben.
Das Gründungsjahr 1651 kann allerdings als gesichert angenommen werden.
Die königliche Regierung in Münster bat gegen Ende des Jahres 1829 die Bürgermeister des Kreises Steinfurt, über die Schützenfeste und das Vogelschießen zu berichten. Der Bericht des damaligen Bürgermeisters von Neuenkirchen und Wettringen, Ludwig Reinhard, vom 13. Januar 1830 liegt heute noch im Original im Staatsarchiv Münster.
In diesem Bericht ist das Errichtungsjahr des Schützenvereins Rothenberge mit 1651 angegeben.
Interessant ist der Begleitbericht des Bürgermeisters Reinhard. Aus Überlieferungen ist bekannt, dass in den Jahren von Kriegen, Missernten und sonstigen Ereignissen, die in früheren Jahren ja nicht selten waren, keine Schützenfeste gefeiert wurden. Auch ist nicht bekannt, ob vor 1900 jedes Jahr ein Schützenfest stattfand, wohl aber das Vogelschießen.
Wir befinden uns im Jahr 1927.
ein Fördere des Schützenverens war Paul Uhlenbrock, von 1909 bis 1927 Lehrer an der Schule Rothenberge 1. sehr zum Leidwesen der Rothenberger ging er 1927 mit seiner Familie nach Rheine. Er wurde hier Schulleiter an einer größeren Schule.
Paul Uhlenbrock förderte in Rothenberge das Theaterspielen, eine Tradition, die auch noch in die 60er Jahre andauerte. viele Theaterstücke wurden von ihm eingeübt. Das nun folgende Bild zeigt die Theatergruppe mit vielen bekannten Rothenbergern.
Paul Uhlenbrock war auch wohl der Initiator der damals schon beliebten Kinderschützenfeste.
Das nun folgende Bild zeigt die Kinderschützengesellschaft beim Schützenfest 1927, zusammen mit dem Lehrer paul Uhlenbrock.
Die nun folgenden Fotos stammen von Schützenfesten aus den Jahren 1928 und 1931.
während des zweiten Weltkrieges kam das Vereinsleben völlig zum erliegen.
Fast jede Familie im Vereinsbezirk traf ein Schicksal und hatte Folgen dieses schrecklichen Krieges zu tragen.
Wir gehen in das jahr 1947.
Es war verständlich dass es nach dem Kriege noch zwei Jahre dauerte, bis man sich mit einem Wiederbeginn befasste. Anton Rickershenrich, schon vor dem Kriege erster Vorsitzender des Vereins, Heinrich Schoo langjähriger Oberst und Johann Wessling, über viele Jahre Schriftführer, ergriffen die Initiative und luden für den 7. September 1947 zu einer Mitgliederversammlung ein.
Ein Schützenfest gab es in diesem Jahr noch nicht, wohl aber einen Schützenball. Die Musik wurde in Naturalien bezahlt, Eier und Schnaps „Marke Balkenbrand“ waren gefragt.
1948. In diesem Jahre wurde das erste Schützenfest nach dem Krieg gefeiert. Es wurde noch mit Pfeil und Bogen nach einem Torfvogel geschossen. So ähnlich, wie auf dem nun folgenden Bild mag es zugegangen sein. In Wirklichkeit gibt das Bild aber Zeugnis der Schützengeschichte um 1700. Es handelt sich um einen Holzstich der aus Gent in Belgien stammt.
Der Torfvogel beim Schützenfest 1948 hielt 122 Schuss aus.
Erster Nachkriegskönig wurde Josef Korthues, Schützenkönigin Gertrud Lenfers, jetzt Gertrud Korthues.
Die Musik 1948 und auch in den Folgejahren stellte die bekannte Kapelle Adolf Sperner aus Rheine. Sie erhielt als Honorar 200 Reichsmark und 300 Eier.
1950 . in diesem Jahr liess sich der Schützenverein vom Schreinermeister Franz Woltermann aus Welbergen für die Gefallenen beider Weltkriege eine Gedenktafel anfertigen. Die Kosten wurden von den Bauerschaftsbewohnern aufgebracht. die Tafel, die einen würdigen Platz in der Vereinsgaststätte Hagenhoff hat, wurde am 12. Februar 1950 durch den damaligen Pfarrer Hermann Benning eingeweiht.
Das Jahr 1951 war ein wichtiger Meilenstein in der Vereinsgeschichte. In diesem Jahr feierte der Verein sein 300 jähriges Bestehen. Noch heute schwärmen viele ältere Bauerschaftsbewohner von diesem tollen Fest.
Jubiläumskönig wurde Karl Engels, Schützenkönigin Mathilde Renkert, jetzt Mathilde Engels.
Josef Schulte, von 1945 bis 1954 Lehrer an Rothenberger Schulen, hat sich als aktives Vereinsmitglied einen namen gemacht. Besonders an der Gestaltung der Jubiläumsfeierlichkeiten zum 300jährigen Bestehen war er maßgeblich beteiligt. Die Festschrift stammt aus seiner Feder. Auch nach seinem Wegzug blieb er Rothenberge immer verbunden.
Wir sind in den Jahren 1959/1960
Auf Initiative des Schützenvereins wurde der alte schadhafte Bildstock an der Rothenberger Straße / Brinkhook durch einen neuen ersetzt. Der neue Bildstock, dargestellt ist die Kreuzigung Christi, wurde vom Bildhauer Krautwald, Rheine geschaffen. .Die Kosten wurden durch eine Hausumlage im Vereinsbezirk aufgebracht.
Im November 1960 wurde der Bildstock vom damaligen Pfarrer Hermann Benning eingeweiht. Die Pflege der Anlagen haben selbstverständlich die Rothenberger übernommen.
Wir bleiben noch im Jahr 1960.
Rothenberge und der Rotheberg sind untrennbar miteinander verbunden. Verbunden mit beiden ist der Name Jordaan. Da der Festakt aus Anlass des Jubiläums am Sonntag auf dem Rothenberg stattfindet, widmet die Jubiläumszeitung einen Abschnitt der Familie Jordaan. Jan und Engelbertha Jordaan verbrachten zu Lebzeiten viele Monate im Jahr in ihrer Villa in Rothenbege. Jan Jordaan verstarb schon sehr früh im Jahr 1935 im Alter von 62 Jahren. Frau Jordaan, in Rothenberge überall unter dem Namen „Tante Bertha“ bekannt, war immer großzügig und freigiebig. Auch schon zu Lebzeiten ihres Mannes und später im Besonderem, wurden Bedürftige und Kranke, meistens zu Weihnachten, bedacht. Aber auch Kirchen, Schulen und Krankenhäuser bekamen ihre Güte zu spüren. Sehr zur Freude der Rothenberger Kinder und Jugendlichen gab sie in den schneereichen Wintermonaten den Zufahrtsweg zur Villa zum Rodeln frei.
Im Jahr 1959 führte sie ihre Besitzungen der Bertha-Jordaan-vanHeek Stiftung zu. die Stiftung hat vorallem den Zweck, die niederländisch-deutschen Beziehungen und den Gedanken der Heimatliebe zu Pflegen und zu stärken. Frau Jordaan hat somit schon sehr fr&ruuml;h den Europagedanken gefördert.
Frau Jordaan starb am 23. März 1960 im Alter von 83 Jahren auf Haus Rothenberge.
1964
Der Schützenfestplatz musste mehrmals verlegt werden. Ursprünglich stand die Vogelstange auf dem Gelände der ehemaligen Zigelei Schnermann, dann bis 1949 bei der früheren Bauunternehmung Engels. Im jahre 1964 wurde dann der jetzige Platz ganz in der Nähe der frühreren Schule Rothenberge 1 angelegt und hier wirde er auch wohl bleiben.
Zum 350jährigen bestehen des Vereins wurden Platz und Vogelstange erneuert.
Alle notwendigen Arbeiten verrichteten Vereinsmitglieder in Eigenleistung, das sollte an dieser Stelle auch einmal lobend erwähnt werden.
Zu Weihnachten schmückt die Spitze der Vogelstange ein beleuchteter Weihnachtsbaum. 1966
Im Schützenverein Rothenberge gibt es nicht nur Könige und Königinnen, sondern auch Kaiser und Kaiserinnen. Im Jahr 1964 schossen die Rothenberger erstmals um die Kaiserwürde. Kaiser wurde Heinrich Schoo jun., Kaiserin seine Frau Regina.
Alle 5 Jahre findet dieser Wettkampf unter den Schützenkönigen statt.
älteste noch lebende Kaiserin ist Anna Öhmann.
1976
Ein Jubiläum stand auf dem Programm, und zwar feierte der Verein sein 325jähriges Bestehen.
Schützenkönig wurde Gustav Theising, seine Frau Anni Schützenkönigin.
1984
wieder ein Jubiläumsjahr.
In diesem Jahr wurde das 333jährige Bestehen gefeiert. Hermann Öhmann gelang der K&ounigsschuss, er nahm seine Frau Agnes zur Schützenkönigin.
2000
Im Jahr 2000 entschied die Dachverbandsversammlung (eine Vereinigung aller Wettringer Schützen), dass das Ortskaiserschießen künftig an ein Vereinsschützenfest angegliedert wird. Den Anfang macht der Schützenverein Rothenberge im Jahr 2003.
Ebenfalls im Jahr 2000 feierte die Vereinsgaststätte Hagenhoff das 25jährige Bestehen der Festhalle. Schützenfeste werden seit jeher, bis auf eine Ausnahme, bei Hagenhoff gefeiert.
Wir kommen langsam zum Schluss, wir möchten es aber nicht versäumen, noch einige Persönlichkeiten und Schützenbrüder zu erwähnen, die sich um den Verein verdient gemacht haben.
Da ist zunächst der langjährige Vereinswirt August Hagenhoff, der dem Schützenverrein immer gut gesonnen war. In diesem Zusammenhang sind aber auch seine Frau Elisabeth und seine Schwester Lies zu nennen. In Schützenkreisen war sie unter dem Namen Tante Lies bekannt.
Wilhelm Wellkamp war über 17 Jahre Vereinsvorsitzender, man trug ihm den Ehrenvorsitz an. Im Jahr 1963 war er Schützenkönig, 1981 Vereinskaiser.
Erwähnt werden muß natürlich auch das älteste nochebende Mitglied Bernhard Metten, seit 67 Jahren im Verein. Bernhard Metten leistete bei der Gestaltung der Jubiläumszeitung mit seinem wissen aus der Vereinsgeschichte einen wertvollen Beitrag.
Ein Schützenbruder durch und durch ist Franz Voss, inzwischen 54 Jahre Vereinsmitglied. 34 Jahre war er im Vorstand tätig, davon 22 Jahre als Schriftführer, 12 Jahre als Vorsitzender. Bei 17 Schützenfesten fungierte er als Oberst, 10 mal führte er den Schützenzug als Tambormajor an. Die Königswürde gelang ihm im Jahr 1974.
Viele der älteren Vereinsmitglieder hier in der Festhalle werden auch August Feldevert noch in Erinnerung haben. Er wurde über viele Jahre als Vereinskellner gewählt und hatte die Aufgabe, Ostermontag als Zeichen der Eröffnung des Schützenjahres den Grünzweig an den Kamin der Vereinsgaststätte zu heften.
Schließlich nenne ich noch Lehrer Heinrich Stegemann, über Jahrzehnte Lehrer in Rothenberge. er war dem Schützenverein stets wohlgesonnen.
So, jetzt ist aber schluss und wir zeigen ihnen noch die drei Stiätkerls. Sie laufen als letzte Mitglieder im Umzug und schließen die Jubiläumszeitung, die in der vergangenen Woche 1800 mal unters Volk gebracht wurde.
Martin Außendorf und ich danken für die Aufmerksamkeit.